Zustandsbericht zur Entwicklung der Hägebachaue 2016
Während der letzten Jahre wurden in einigen Bereichen des Flächennaturdenkmals „Hägebachaue- Ost“ etliche Schwarzerlen (Alnus glutinosa) entlang der Stichgräben entfernt, um wieder bessere Lichtverhältnisse auf den geschützten Wiesen zu schaffen. Viele der dort vorkommenden, seltenen Feuchtgrünlandarten sind auf sonnige und nährstoffarme Standorte angewiesen.
Derzeit zeigt sich auf den Flächen wieder ein buntes Bild aus Kuckucks-Lichtnelke (Lychnis flos-cuculi, Abb.1), Wiesenschaumkraut (Cardamine pratensis), Wiesen- Knöterich (Bistorta officinalis, Abb.2), Scharfer Hahnenfuß (Ranunculus acris) und Bach-Nelkenwurz (Geum urbanum, Abb.3). Weitere wichtige Nektar spendende Kräuter, wie der Gundermann (Glechoma hederacea), runden den attraktiven Blühaspekt ab.
In den Stichgräben kann durch die verbesserten Lichtverhältnisse eine starke Ausbreitung der Sumpfdotterblume (Caltha palustris, Abb.5) beobachtet werden.
Im Frühjahr blühten bereits wieder mehrere Exemplare der Schachblume (Frittilaria meleagris, Abb.5), welche erst seit 2013 Jahren auf mittlerweile drei Standorten innerhalb des FND regelmäßig nachgewiesen wird. Diese Pflanze gilt zwar als eingebürgerter Neophyt, wird aber auf der Roten Liste Deutschlands als „stark gefährdet“ eingestuft und ist demnach eine zu fördernde Zielart auf den Feuchtwiesen am Hägebach.
Fieberklee- Standort:
Der stark verschilfte Fieberklee-Standort wurde im Zuge eines Arbeitseinsatzes des NABU Anfang des Jahres erneut mit einem Freischneider aufgelichtet (Abb.8). Das trockene Schilf soll zum Teil als Rückzugs- und Sonnenhabitat für die ansässige Waldeidechse (Zootoca vivipara) auf der Fläche verbleiben.
Die jungen Erlen, die bereits mehrere Meter hoch gewachsen waren, konnten ebenfalls größtenteils von der Fläche entfernt werden, um eine dauerhafte Beschattung des Fieberkleestandortes zu verhindern.
An Pfingsten konnten dann ungefähr 40 kleine Exemplare des seltenen Fieberklees (Menyanthis trifoliata) gezählt werden (Abb.10).
Auf der abgeholzten Fläche soll sich nun im Sinne der Artenvielfalt der bereits existierenden Staudensaum aus Gewöhnlichem Gilb-Weiderich (Lysimachia vulgaris), Kohl- Kratzdistel (Cirsium oleraceum), Sumpf- Kratzdistel (Cirsium palustre) und Echtem Mädesüß (Filipendula ulmaria) flächendeckend entwickeln dürfen. Die Bedeutung dieser blühenden Staudensäume im Randbereich der regelmäßig gemähten Wiesen hat sich in den letzten Jahren durch ein reichliches Vorkommen an Nektar suchenden Insekten gezeigt. Besonders hervorzuheben ist hier die Vielzahl verschiedener Tagfalterarten, welche jedes Jahr an diesem bunt blühenden Saumbereich zu beobachten sind (Abb.12,13).
Das Breitblättrige Knabenkraut (Dactylorhiza majalis) konnte sich durch die verbesserten Standortbedingungen ebenfalls in seinem Bestand erholen. Diese Licht liebende Zielart befand sich zwischen 2009 und 2013 bereits im Rückgang, was sehr wahrscheinlich dem stetigen Aufwuchs der Gehölze verschuldet gewesen war. Umso erfreulicher ist es, dass in diesem Jahr die bisher höchste nachgewiesene Anzahl blühender Exemplare mit 371 beziffert werden konnte, was vom scheinbaren Erfolg der durchgeführten Pflegemaßnahmen zeugt.
Ganzjahresbeweidung durch Heckrinder am Hägebach:
Die Herde, welche große Teile der unteren Hägebachaue seit Mai 2015 ganzjährig beweidet, umfasst derzeit 13 Tiere. Sie halten sich tagsüber mit Vorliebe im Westbereich der Aue auf und meiden bisher den Kontakt zum Menschen.
Tritt- und Verbissspuren belegen aber auch das regelmäßige Grasen im östlichen Teil der Weide, scheinbar bevorzugt nachts. Die Aufnahme von Wasser erfolgt an mehreren Stellen direkt aus dem Hägebach.
An diesen regelmäßig aufgesuchten Bereichen der Weide haben sich mittlerweile natürliche Störstellen auf dem teilweise sehr feuchten Niedermoorboden durch Vertritt ausgebildet (Abb.15). Laut Literatur profitiert insbesondere das Breitblättrige Knabenkraut bei der Keimung von derartigen Rohbodenbereichen.
Eine weitere positive Begleiterscheinung der Beweidung ist das zunehmende Nahrungsangebot für die ansässigen Singvogelarten am Hägebach durch das Vorkommen der Gelben Dungfliege (Scatophaga stercoraria, Abb.16). Diese Insektenart profitiert bei der eigenen Vermehrung vom Vorhandensein der nun
allgegenwärtigen Kuhfladen.
Ein besonders erfreulicher Effekt der durchgeführten Gehölzentnahme ist im südöstlichen Teil der Ganzjahresbeweidungsfläche erkennbar. Hier wurden nach Maßgabe des Pflegekonzeptes von 2012 nahezu alle Gehölze entfernt, wodurch wieder große, lichte Wiesenbereiche entstanden sind (Abb.17,18). Auf Teilen dieser Fläche wurden auch in diesem Jahr wieder einige Exemplare des Breitblättrigen Knabenkrautes nachgewiesen. Es bleibt nun zu beobachten, inwieweit es den Rindern gelingen wird, die Samen dieser seltenen Pflanzen auf die nördlicheren Flächen sowie in das FND „Hägebachaue- West“ zu verbreiten.
Insgesamt sind die nun aufgelichteten Wiesenbereiche noch relativ monoton und artenarm ausgeprägt. Es gibt bereits vereinzelte Exemplare des Wiesenschaumkrautes und des Wiesen- Knöterichs. Hauptsächlich wachsen hier jedoch Seggen, Ampfer und Wiesen- Fuchsschwanz.
Auf allen Standorten des ehemaligen Intensivgrünlandes entlang des Hägebachs kann eine flächige Ausbreitung des Breitblättrigen Ampfers (Rumes obtusifolius) verzeichnet werden, welcher von den Rindern nicht gefressen wird (Abb.19,20). Dieses Weideunkraut bildet bis zu 7000 Samen pro Exemplar im Jahr aus. Um der weiteren Ausbreitung dieser dominanten Pflanze entgegen zu wirken, soll die Fläche zusätzlich zur Beweidung an den betroffenen Stellen maschinell gemäht werden. Es ist weiterhin geplant, noch in diesem Sommer durch den Einsatz von mehreren Bundesfreiwilligen die bereits etablierten Ampferstauden samt Wurzel auszustechen.
Westlich des Hägebachs befindet sich das Flächennaturdenkmal „Hägebachaue- West“. Hier blühte es einst so bunt und artenreich, wie im Ostbereich der Aue. Die Flächen sollen mit Hilfe eines speziellen Entwicklungskonzeptes in ihrer einstigen Artenvielfalt wieder hergestellt werden.
Trotz der enormen Ausbreitung von unerwünschten Arten und der sich eingestellten generellen Artenarmut dieser Wiesenbereiche konnten in diesem Jahr hier und da ganz vereinzelte Exemplare der bunt blühenden Zielarten ausfindig gemacht werden. So konnten weit voneinander entfernt zwei Kuckucks- Lichtnelken (Lychnis flos- cuculi, Abb.23), sowie einige wenige Exemplare des Wiesen- Schaumkrautes (Cardamine pratensis, Abb.21) entlang der Stichgräben. ausfindig gemacht werden. An einigen Stellen blüht außerdem der Kriechende Hahnenfußes (Ranunculus repens, Abb.22).
Diese erfreulichen Einzelfunde belegen, dass sich hier und da die gewünschte Artenvielfalt einzustellen versucht. Umso wichtiger ist es, dass vorerst hier und da in die Pflege der Flächen mit eingegriffen wird, sodass die zu fördernden, bunt blühenden Kräuter ihre Chance auf Ausbreitung auch wahr nehmen können, anstatt von Nicht- Zielarten überwuchert und wieder verdrängt zu werden.
Ornithologische Attraktionen am Hägebach:
Die naturnahen Bereiche der Hägebachaue bieten einer Vielzahl von Tieren, insbesondere Vögeln ein wichtiges Rückzugs-, Nahrungs- und Rastgebiet innerhalb der agrarwirtschaftlich überprägten, monotonen Landschaft. So kann man hier neben etlichen Singvögeln auch imposante Greifvögel, wie dem Rotmilan, der Rohrweihe oder dem Mäusebussard sowie auch ganzen Schwärmen aus Mehl- und Rauchschwalben bei der Nahrungssuche und Jagd auf Beutetiere beobachten. Auch verschiedene Spechte (Abb.24) und der stattliche Kolkrabe lassen sich hier regelmäßig sehen. Mit etwas Glück kann man die typisch- markanten Rufe der Kraniche (Abb.25) vernehmen. Diese geschützte Art ist bereits seit Jahren immer mal wieder auf den Flächen rund um den Hägebachs gesichtet. Auch Grau- und Silberreiher sowie verschiedene Gänsearten wurden schon bei der Aufzucht ihrer Jungen am Hägebach beobachte.
Der Biber als Landschaftsarchitekt
Bereits im Jahr 2012 konnten im FND „Hägebachaue- Süd“ eindeutige Hinweise auf das Vorkommen eines Bibers (Castor fiber) am Hägebach dokumentiert werden (Abb.28). Es ist anzunehmen, dass dieser aus der bestehenden Ohre- Population bei Samswegen/ OT Bleiche eingewandert ist. Bisher liegen noch keine Angaben darüber vor, wie viele Biber bereits am Hägebach leben.
Die unter Naturschutz stehenden Tiere haben bereits mehrere Staudämme angelegt (Abb.26), welche den Hägebach deutlich zurück stauen und somit auch die Grundwasserstände der Feuchtwiesenbereiche automatisch anheben.
Diese natürliche Wiedervernässung der Hägebachaue ist naturschutzfachlich absolut erwünscht und macht geplante, künstliche Renaturierungsmaßnahen überflüssig. Das stetige Absinken des Grundwasserspiegels in der Vergangenheit hatte nicht nur den Rückgang geschützter und seltener Feuchtwiesenarten, sondern auch eine zunehmende Austrocknung der Niedermoorböden und deren Absackung zur Folge. Durch die
verbesserten hydrologischen Bedingungen sollen sich nun langfristig wieder bunt blühende und artenreiche Feuchtwiesen entlang des Hägebachs ausbilden, welche wiederum Grundlage für die verschiedensten ökologischen Lebensgemeinschaften schaffen können.
Es bleibt trotzdem zu beobachten, inwieweit die Bäume des Erlenbruchwaldes die Anstauungen des Wassers langfristig vertragen. Auch muss darauf geachtet werden, dass die verbliebenen, wenigen Gehölzstrukturen entlang des Hägebachs nicht alle dem Tatendrang des Bibers zum Opfer fallen. Um diese wenigen Bäume, die einerseits die Hägebachaue strukturieren und andererseits den Gewässerkörper beschatten (Abb.29), zu erhalten, muss auch hier sicherlich durch das Anbringen eines Verbissschutzes oder ähnlichen Maßnahmen in die eigentlich gewünschten, natürlichen Vorgänge eingegriffen werden.
Zusammenfassung möglicher Arbeitseinsätze mit aktiven NABU- Mitgliedern 2016
• restliche Erlen im FND HBA- Ost fällen/ Südbereich (Herbst 2016)
• Abtransport altes Schilf Fieberklee- Standort
• Nachmahd/ Verhinderung einer erneuten Blüte des Ampferbestandes im nordöstlichen und westlichen
Bereich der HBA, bestenfalls Entfernung samt Wurzel
• erneute Mahd Schilf am Fieberklee- Standort (Herbst 2016)
• ehemaligen Orchideen- Standort HBA- West frei schneiden/ Schilfabtransportieren
• Erlenaufwuchs am ehemaligen Knabenkraut- Standort, HBA- West entfernen/ Fläche auflichten