Obstbaumschnitt – Erster Querweg
Interessierte & Thema
Am Samstag, den 20.Februar trafen sich einige Mitglieder der NABU-Gruppe Barleben zu einem ehrenamtlichen Arbeitseinsatz an der Apfelbaumreihe am Ersten Querweg östlich von Barleben. Unter fachlicher Anleitung von Jörg Brämer und Dr. Edgar Appenrodt erhielten die Obstbäume einen Pflegeschnitt. Bei dem diesjährigen Arbeitseinsatz ging es nicht in erster Linie darum, möglichst viele Bäume an diesem Vormittag zu schaffen, sondern um die Vermittlung von allgemeinen Grundlagen des Obstbaumschnittes sowie um die Einigung auf eine gemeinsame „Handschrift“ bei der Pflege der Apfelbäume.
Die Bäume
Ca. 40 hochstämmige Apfelbäume wurden im Jahr 1998 als landschaftspflegerische Ausgleichsmaßnahme für den Bau der Ortsumgehung Barleben im Auftrag der Straßenbauverwaltung entlang des Ersten Querweges gepflanzt. Seit 2001 werden die Bäume durch Mitglieder und Unterstützer der NABU-Gruppe Barleben gepflegt. Dank dieser kontinuierlichen Pflege haben sich die Bäume überwiegend gut entwickelt und tragen seit einigen Jahren auch reichlich Früchte. Dies ist zwar in erster Linie Grund zur Freude, bereitet aber auch Sorgen, denn an einigen Bäumen waren große Äste unter der Last der Früchte abgebrochen. So drehte sich die Diskussion am Samstag bei den meisten Bäumen darum, ob und wie viele von den großen Ästen in der untersten Etage des jeweiligen Baumes entnommen werden müssen um den Baum zu stabilisieren und außerdem auch den unmittelbar benachbarten Weg passierbar zu halten wenn die Früchte die Äste nach unten ziehen.
Noch mehr zu Betreuende
Die Diskussion während der Arbeit an den Bäumen drehte sich auch immer wieder darum, wie sich der Aufwand für die Pflege in den nächsten Jahren reduzieren lässt, ohne Abstriche an der Stabilität und Gesundheit der Bäume zuzulassen. Die NABU-Gruppe Barleben hat nämlich in den letzten 10 Jahren viele weitere Obstbäume in Pflege genommen. Insgesamt werden derzeitig ca. 1600 Obstbäume auf 25 Flächen rund um Barleben betreut. Bei einem Drittel handelt es sich um alte Bäume, meist auf Streuobstwiesen oder in ehemaligen Obstplantagen. Zum größten Teil handelt es sich jedoch um junge Bäume alter regional typischer Sorten. Die NABU-Gruppe Barleben leistet damit einen wichtigen Beitrag zum Erhalt dieser alten Sorten und unterstützt auf diese Weise auch die Umsetzung der nationalen Biodiversitätsstrategie der Bundesrepublik Deutschland.
Die Sortensammlung
Ebenfalls am Ersten Querweg in Barleben pflanzte die NABU-Gruppe Barleben 2011 und 2014 auf einer Mähwiese 90 hochstämmige Apfelbäume. Jeder Baum gehört zu einer anderen Sorte. Anlass war im Jahr 2010 einen Hilferuf des anerkannten Pomologen Sigurd Schossig, der auf Einladung des NABU zuvor bereits mehrfach Obstsortenbestimmungen beim Erntefest in Barleben durchführte. Herr Schossig bat um Unterstützung bei der Rettung von ca. 200 alten Obstsorten aus einer Sortensammlung in Brandenburg. Dort mussten kurzfristig alle Obstbäume gerodet werden, weil das Grundstück für andere Zwecke benötigt wurde. Herr Schossig ließ damals je 5 Reiser von jeder erhaltenswerten Obstsorte entnehmen und von diesen Reisern in einer Baumschule bei Oschatz durch Veredlung auf geeignete Unterlagen junge Obstbäume produzieren. Gemeinsam mit dem Projektleiter beim NABU Barleben, Herrn Yves Bloege, machte sich Herr Schossig dann auf die Suche nach einem geeigneten Standort für die Anlage eines neuen Sortengartens. Es fand sich jedoch weder in Barleben noch andernorts ein geeigneter Standort in ausreichender Größe. So wurden die nach zwei Jahren aus der Baumschule gelieferten veredelten Obstbäume auf 3 Standorte bei Barleben sowie weitere Standorte in der Umgebung verteilt. Zwei Jahre später wurden noch einmal Apfelbäume sowie 70 Pflaumenbäume geliefert.
Man kann es bereits im Jugendstadium der Bäume erkennen, dass sich die unterschiedlichen Sorten in vielen Eigenschaften unterscheiden. Die Früchte der meisten Bäume, die in 5 bis 10 Jahren an den Bäumen reifen werden, sind kaum für den sofortigen Verzehr geeignet. Dennoch lohnt sich ein Erhalt aller alten Sorten. Wer weiß denn, welche guten Eigenschaften dieser Sorten in 10, 20 oder 50 Jahren für die Zucht neuer Sorten gebraucht werden können oder welche Sorten den Klimawandel am besten ertragen? Bis dahin werden die NABU-Mitglieder und Unterstützer gut auf die Bäume aufpassen müssen, um Schäden durch Wühlmäuse, Hasen, Biber, landwirtschaftliche Maschinen oder Vandalismus zu verhindern. Auch manche Stunde Arbeitszeit wird zu investieren sein, um gesunde und stabile Obstbäume zu erhalten, die gleichzeitig Lebensraum für viele Insekten, Vögel und andere Tiere bieten.
Als Ausgangsmaterial für Apfelsaft eignen sich alle Äpfel auf den NABU-Flächen. Bereits seit 5 Jahren lässt unsere NABU-Gruppe aus den eigenen Früchten Saft von einer mobilen Mosterei herstellen. Im Herbst 2015 wurden auf diese Weise 6500 Liter Apfel- und Apfel-Birnen-Saft produziert und in Schlauchbeuteln mit 5 Liter bzw. 3 Liter Inhalt abgefüllt. Mittlerweile haben sich genügend Stammkunden an den gesunden Saft von NABU-Streuobstwiesen gewöhnt, sodass die Jahresproduktion 2015 bereits zu Weihnachten ausverkauft war.
Sobald die jungen Obstbäume der Sortensammlung richtig Fuß gefasst haben, wird unsere NABU-Gruppe eine Liste mit den vorhandenen Sorten veröffentlichen. Wir werden die Entnahme von Veredlungsreisern unserer Bäume für alle interessierten Leute ermöglichen, um eine Weiterverbreitung unserer alten Obstsorten zu fördern.
Im Gegensatz zu anderen Kulturpflanzen, die sich über Samen vermehren lassen, können Obstsorten nur durch Lebende Bäume erhalten werden. Aus dem Samen eines Obstbaumes wird niemals dieselbe Sorte entstehen wie die Mutterpflanze. Nur durch die Entnahme von lebenden gut ausgebildeten einjährigen Trieben, sogenannten Veredlungsreisern, und deren Verbindung mit einer geeigneten Unterlage entsteht ein Baum derselben Sorte. Wenn man es genau betrachtet, dann sind alle Obstbäume einer Sorte, ein und der selbe Baum. Unter Umständen mehrere hundert Jahre alt. Auf jeden Fall oberhalb der Veredelungsstelle ein Klon. Das erklärt auch warum sehr oft Befruchter anderer Sorten benötigt werden.
Für weitere Fragen zur Obstsortensammlung des NABU Barleben oder zu anderen Themen rund um Ostgehölze stehen die Mitglieder der NABU-Gruppe Barleben zur Verfügung.